Peru

Durch Perus wildes Gebirge, rund um die Cordillera Huayhuash

Als im Dezember eine löchrige Schneedecke die Tiroler Berge bedeckt, lasse ich mich in Gedanken in die südamerikanische Bergwelt entführen, dorthin wo es noch wild und unberührt sein soll, in die Cordillera Huayhuash [Waywash], in den Anden Perus.

Riesige Gletscher und schneebedeckte 6000er wechseln sich dort mit steilen Eis- und Felsnadeln ab.

Die Huayhuash wird von drei großen Bergen dominiert: dem Yerupaja Grande (6634m), der zweithöchste Berg Perus, dem Jirishanca (6094m), auch „Matterhorn der Anden“ genannt und dem Siula Grande (6344m), der durch Joe Simpsons Buch „Sturz ins Leere“ bekannt geworden ist.

Die Besteigung dieser Berge war immer schon exzellenten Bergsteigern vorbehalten. Durch die Klimaerwärmung und dem damit verbunden Gletscherrückgang ist eine Besteigung nicht nur technisch schwerer sondern auch objektiv viel gefährlicher geworden. Rund um die Uhr hört man Eislawinen ins Tal krachen. Kaum jemand wagt mehr das russische Roulett...

Wir wollen diese Berge umrunden, sie schauen von jeder Seite spektakulär aus.

Die Entscheidung, für dieses Vorhaben Esel als Tragtiere anzumieten, ist schnell gefallen, als ich mir unsere Ausrüstung und die Route genauer ansehe, schließlich geht es auf dieser zehnTagestour auf über 5000m Höhe und auch die Verpflegung muss mitgeschleppt werden.

Als wir im Juli in Lima ankommen, erwartet uns der peruanische Winter mit seiner dichten Nebeldecke, der die gesamte Küstengegend beherrscht. Wegen der „Fiesta del Carmen“ ist die gesamte Innenstadt ein riesiger Umzug und wir lassen uns gern mit der peruanischen Folklore treiben. Mit zunehmender Entfernung von der Küste bessert sich das Wetter und nach achtstündiger Fahrt staunen wir über die ersten Berge, die in der Abendsonne kurz vor Huaraz vor uns in den Himmel zu wachsen scheinen.

Für die Tage der Akklimatisierung gilt es langsam zu gehen, ganz langsam, am besten so langsam, dass man gerade nicht umfällt...

Wer die Spielregeln der Höhentaktik nicht einhält, hat gute Chancen höhenkrank zu werden und schlechte Karten, sein Ziel zu erreichen.

Vorbei an meterhohe Puya Raimondiis, der Pflanze mit dem höchsten Blütenstand der Welt, geht es in einer mehrstündigen Autofahrt über mehrere Pässe und auf holprigen Schotterpisten zum Ausgangspunkt und damit zu den dicht gedrängten Eisriesen der Huayhuash.

Ein schmaler Pfad führt uns über die ersten steilen Pässe, vorbei an abgeschiedenen, kleinen Unterkünften der hier lebenden Viehhirten. „Sie leben das ganze Jahr hier, vom Fleisch ihrer Tiere bekommen sie aber nichts“, weiß Alessandro, unser lokaler Guide, „das ist für den Markt im nächst größeren Ort bestimmt.“. Recht gemütlich erscheinen uns ihre mit Stroh gedeckten Steinhütten nicht und als es zu graupeln beginnt, freuen wir uns schon auf unser Wind- und wasserfestes Luxuszelt.

In der ersten Nacht auf 4200m Höhe erleben wir einen Vorgeschmack auf die eisigen Temperaturen der bevorstehenden Gletschernächte, dafür staunen wir im Tagesverlauf über die steilen Temperaturanstiege, bedingt durch die südliche Sonne.

Die Ruhe der abgelegenen Bergpfade wird auch hier von neuen Schotterpisten gestört: „Das sind die neuen Strassen für den Edelmetalle wie Gold, Kupfer in den nächsten Jahren abgebaut werden“, erklärt uns Alessandro, damit ist es dann auch vorbei mit der Unberührtheit...

Wir sind jetzt seit acht Tagen unterwegs, fast immer bei schönem Wetter, haben bereits einige höhere Pässe überquert und schön langsam trägt das Akklimatisieren Früchte: wir japsen nicht mehr beim „Schneckentempo“ nach Luft sonder erst beim „Igeltempo“.

Und Cuy haben wir auch schon gegessen, das Meerschweinchen wird nicht unsere Leibspeise werden...

Außer einer Hauser Trekking Gruppe, die wir nur selten begegnen, ist noch eine spanische Gruppe mit peruanischen Bergführern unterwegs. Sie planen am vorletzten Tag der Tour eine Überschreitung des Diablo Mudo, einem Berg von 5400m Höhe. Wie gern würden auch wir das machen, aber unsere Steigeisen liegen friedlich im Zimmer in Huaraz... wir haben ja nicht damit gerechnet, dass wir sie bei der Trekking Tour brauchen könnten. Jetzt hat Alessandro eine Überraschung für uns, er organisiert noch zwei Paar Schnürsteigeisen. Er selbst braucht keine, sagt er.

Um drei Uhr Früh starten wir und stoßen bald auf die Spanier, die schon früher aufgebrochen sind. Ganz gemütlich steigen wir alle gemeinsam über die Moräne auf und bei Tagesanbruch erreichen wir den Gletscher der Gipfelflanke.

Kurz vor dem Gipfel geht die Sonne auf. Die umliegenden, schneebedeckten Bergspitzen strahlen im Licht. Weit unter uns sind die Lagunen zu sehen, es ist ruhig und friedlich.

Die letzten Meter zum Gipfel geht Alessandro voraus. Er, der die schlechteste und älteste Ausrüstung von uns allen hat und ohne Steigeisen unterwegs ist, ist der Schnellste!

 Unsere Trekkingtour endet an Alessandros Haus, von dort geht's wieder zurück nach Huaraz.

Nach zwei Tagen zum Waschen, Putzen,  Regenerieren und Einkaufen steuern wir die  höheren Berge der Cordillera Blanca an.

Der Nevado Pisco (5752m) und der etwas schwierigere Tocllaraju (6034m) sind für geübte Bergsteiger gut machbar, Träger und Esel können bei Bedarf in Huaraz kurzfristig organisiert werden.

Der Chopicalqui (6345m) war dann auch für uns zu „wild“, im Hochlager auf 5500m haben wir uns nach Neuschneefällen zur Umkehr entschlossen.

Unsere Enttäuschung ist aber spätestens in der Wüstenstadt Ica - vier Stunden südlich von Lima - zu Ende, wo wir uns am Hotelpool mit Pisco Sour erholen.

 

Perus Reisemöglichkeit

Beste Reisezeit:

Von Juni bis Anfang September herrschen in den Bergen Perus in gemäßigten Höhenlagen frühjahrsähnliche Temperaturen, während der Nacht kann es aber empfindlich abkühlen, sodass ein warmer Daunenschlafsack hilfreich ist. Niederschlag ist sehr selten, kann dann aber auch in Graupel- oder Schneeschauer übergehen.

Gefahren:

Sowohl in den Städten als auch in abgelegenen Gebieten (wir waren mit einem lokalen Guide unterwegs) herrscht keine besorgniserregend hohe Gefahr. In Lima ist, wie in allen Großstädten, natürliche Vorsicht geboten.

Ausrüstung:

Für die Huayhuash Umrundung genügt eine warme Trekking-Ausrüstung, Zelt und Schlafsack sollten bis -10 Grad warm halten. Will man sich im Zuge der Tour am Diablo Mudo oder später in der Cordillera Blanca an höheren Bergen versuchen, ist eine zusätzliche Gletscherausrüstung erforderlich. Auf 6000m helfen Expeditionsschuhe, Daunenjacke und Handschuhe den Körper war zu halten.


Fotografieren bedeutet den Kopf, das Auge und das Herz auf dieselbe Visierlinie zu bringen. Es ist eine Art zu leben. (Henri Cartier-Bresson)